Finanzgericht München: Zweitwohnungssteuer ist als sonstige Aufwendung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten abzugsfähig
Die Zweitwohnungssteuer (Grundlagen – das sollten Sie wissen) beschäftigt die deutsche Finanzjustiz weiter. Nun urteilte das Finanzgericht München mit Urteil vom 16.11.2021, Az. 8 K 2143/21, dass die Zweitwohnungssteuer als sonstige Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung zusätzlich zu den auf maximal 1.000,- € pro Monat begrenzten abzugsfähigen Unterkunftskosten als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigungsfähig ist.
Sachverhalt
Vor dem FG München hatte eine ledige Beamte gegen ihre Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2018 und 2019 geklagt. Die Klägerin erzielte in den Streitjahren aus ihrem Beamtenverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ihren Haupthausstand und Lebensmittelpunkt hatte die Klägerin in K. Am Ort ihrer ersten Tätigkeitsstätte in München hatte die Klägerin eine Zweitwohnung angemietet.
In ihren Einkommensteuererklärungen 2018 und 2019 machte die Klägerin bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für ihre Unterkunft in München i.H.v. 12.480,- € bzw. 15.880, - € sowie die durch die Landeshauptstadt München erhobene Zweitwohnungssteuer i.H.v. 896,- € bzw. 1.157,- € geltend.
Das Finanzamt erkannte in den Einkommensteuerbescheiden jeweils lediglich die Kosten der Unterkunft in München mit dem gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG ansetzbaren Maximalbetrag i.H.v. 12.000,- € (1.000,- € pro Monat) an. Die Zweitwohnungssteuer berücksichtigte das Finanzamt bei den sonstigen Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nicht, da diese nach Rechtauffassung der Finanzverwaltung zu den Kosten der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte gehören und diese mit dem Maximalbetrag i.H.v. 12.000,- € (1.000,- € pro Monat) ausgeschöpft seien.
Das FG München setzte sich daher mit der Frage auseinander, ob im Rahmen der doppelten Haushaltsführung die Zweitwohnungssteuer zu den Unterkunftskosten gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG gehört und damit einer Deckelung des abzugsfähigen Betrags von maximal 1.000,- € pro Monat unterliegt.
Entscheidung
Die Klage war begründet. Die Klägerin hat Recht bekommen und darf die Zweitwohnungssteuer zusätzlich abziehen.
Entgegen der Auffassung der Verwaltung (vgl. BMF-Schreiben v. 25.11.2020, Az. IV C 5 – S2353/19/10011, BStBl. I 2020, S. 1228 Rn. 108) umfassen die Unterkunftskosten i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG nicht die Zweitwohnungssteuer für das Unterhalten einer Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte. Die Zweitwohnungssteuer ist damit nicht dem maximalen Abzugsbetrag von 1.000,- € pro Monat unterworfen. Die Zweitwohnungssteuer ist viel mehr als Werbungskosten abziehbar. Als Unterkunftskosten gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG qualifiziert sind daher folgerichtig lediglich die Kaltmiete zuzüglich der Betriebskosten.
Der Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG lässt nicht erkennen, dass die Zweitwohnungssteuer zu den Unterkunftskosten i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG zu zählen ist. Viel mehr deutet die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/10774, 13) darauf hin, dass lediglich die Bruttokaltmiete zuzüglich Betriebskosten für die am Ort der ersten Tätigkeitsstätte angemietete Wohnung zuzüglich etwaiger Mietaufwendungen für Kfz-Stellplätze und Kosten für Sondernutzungen Unterkunftskosten sind. Damit sind auch nur diese Kosten als Maßstab in den anzuerkennenden monatlichen maximalen Abzugsbetrag von 1.000,- € einzubeziehen
Das Finanzamt hat gegen diese Entscheidung Revision eingelegt (BFH vom 18.02.2022, Az. VI R 30/21).
Fazit
Die Entscheidung des Finanzgericht München steht im Widerspruch zur bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung (s.o.).
Empfohlene Vorgehensweise:
Betroffene Steuerpflichtige sollten aufgrund dieses Urteils daher ihre Steuerbescheide auf die Berücksichtigung der Zweitwohnungssteuer prüfen. Unter der Maßgabe des § 363 Abs. 2 S. 2 AO sollte sodann Einspruch eingelegt werden.
Um hier streitanfällige und kostenintensive Zweifelsfragen zu vermeiden, muss bei der Abgabe der Zweitwohnungssteuererklärung als auch bei der Prüfung des Zweitwohnungssteuerbescheides zwingend kompetenter Rechtsrat eingeholt werden.
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- Tätigwerden im Vorfeld vor Erlass des Zweitwohnungssteuerbescheides, insbesondere Kontaktaufnahme mit der Gemeinde und das Einwirken auf eine gütliche Einigung
- Prüfung des Zweitwohnungssteuerbescheides oder des Widerspruchsbescheides hinsichtlich der Erfolgsaussichten durch ein gerichtliches Vorgehen gegen die Bescheide, detaillierte Prüfung sowie die Erstellung eines Gutachtens
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